Resümee meiner Therapie: SUSA, LIESE, AMANDA und Sophie berichten
Susa:
Recap knapp 1 ½ Jahre Therapie (oder auch: Trust the process)
Eine meiner letzten Aufgaben der Therapie.
Eine Zusammenfassung bzw. einen Rückblick auf das Vergangene schreiben. Aufschreiben, was ich gelernt habe, was sich verändert hat und welche Schritte wir dabei durchgegangen sind.
Passenderweise hat sich heute die Klinik gemeldet und gefragt, ob ich den Platz noch haben möchte. Nein danke, möchte ich nicht. Ich brauche ihn nicht mehr. Komisch, dies so zu schreiben, aber so ist es. Ich habe mich im April auf die Warteliste setzen lassen, seit dem ist viel passiert.
Knapp 1 ½ Jahre nach Beginn meine ersten (und hoffentlich letzten?) Therapie bin ich so weit zu sagen, ich habe viele Dinge geändert wegen derer ich ursprünglich Hilfe gesucht habe und selbst die Dinge, die mir momentan noch schwerfallen, scheinen zumindest nicht mehr unmöglich zu ändern.
Zu lesen, was ich alles im letzten Jahr geschrieben und demnach auch gefühlt habe, lässt mich etwas überfordert zurück. Einerseits kann ich mich noch gut an das Gefühl erinnern, total überfordert mit allem zu sein, andererseits ist vieles von dem mittlerweile sehr weit weg.
Aber der Reihe nach.
Begonnen habe ich die Therapie ursprünglich wegen meiner Essstörung. Die Bulimie begleitete mich zu diesem Zeitpunkt gut mein halbes Leben (14 Jahre) und ehrlich gesagt hatte ich wenig Hoffnung, dies durch eine Therapie wirklich zu ändern. Ich hatte vielleicht die Hoffnung, die besser kontrollieren zu können, dass sie aber irgendwann nur noch in meinen Gedanken als Erinnerung existiert, schwer vorstellbar.
Die erste Zeit der Therapie verbrachten wir hauptsächlich mit der Aufarbeitung meiner Vergangenheit, angefangen bei meiner Kindheit. Mir fiel es bis dahin immer schwer zu verstehe, wieso es mir so ging, wie es mir ging und wieso dieser Mechanismus zur Stressbewältigung sich so sehr in mir manifestiert hatte. Schnell merkte ich aber, weil ich nie einen anderen gelernt hatte. Ich wollte den Auslöser eigentlich ungern in meiner Kindheit suchen, weil es sich so anfühlte, als würde ich die Verantwortung für mein Handeln abgeben und anderen die Schuld geben. Mittlerweile weiß ich, dass ich meinen Eltern keinen Vorwurf mache, wenn ich eingestehe, dass sie Dinge verpasst haben. Dinge wie Gefühle zeigen (egal in welche Richtung), sich auch mal streiten oder andere Familiendinge waren quasi non-existent, was es mir schwer gemacht hat, den Umgang mit meinen eigenen Gefühlen und Bedürfnissen zu lernen.
Da mussten wir also ansetzen, ich sollte einen gesunden Umgang mit meinen eigenen Bedürfnissen und Gefühlen lernen, Achtsamer mit mir selbst werden. Für mich irgendwie etwas völlig Neues. Auxh mit anderen Menschen zu reden und mich zu öffnen lernte ich erst langsam durch die Therapie. Ende letzten Jahres war für mich ein gefühlter Tiefpunkt. Einerseits hatte ich bis dahin einige Freundschaften durch das offene Reden und das Öffnen intensiviert. Andererseits fühlte ich mich je mehr denn je verzweifelt und als würde ich nie mit dieser Essstörung und den Selbstzweifeln abschließen können. Ich weiß nicht, wie häufig ich Sam heulend erzählt habe, wie nutzlos und blöd ich mich fühle und dass ich nicht glaube, dass sich das je ändert. Es hat sich angefühlt als hätte ich eine Tür geöffnet die ich lieber verschlossen gelassen hätte. Das war aber nun keine Option mehr und Silvester 2020 etablierte sich eine Art Leitspruch für mich: trust the process
Ich merkte langsam, dass all das irgendwie dazu gehört und egal, wie blöd ich mich auch fühlte, wenn ich anderen von meinen Problemen erzählte, irgendwie ging es mir danach besser. Reden hilft halt doch. Vor allem wenn ich merkte, dass mein Gegenüber nicht so reagiert wie ich es mir vorher im Kopf ausgemalt hatte.
Anfang 2021 hing ich gefühlt sehr lange in diesem „alles ist anstrengend, Achtsamkeit ist anstrengend, wieso lasse ich es nicht einfach so wie es ist“-Modus fest. Rückfälle waren häufig vertreten. Nach und nach hat sich mein Umgang mit ihnen aber verändert. Ich habe mich dafür nicht mehr so krass fertig gemacht, hatte weniger „jetzt auch egal“-Momente und konnte auch nach einem solchen „Versagen“ noch liebevoll mit mir umgehen und mir verzeihen. Auch das Auseinandersetzen mit meiner Ernährung zwischen den Rückfällen, das nun in der Therapie mehr in den Fokus rückte, zeigte mir eins: Ich habe Spaß am Essen. Und das auf eine gute Art und Weise. Ich lernte, dies zu schätzen und ging auch damit umsichtiger und achtsamer um. Das Verlangen danach unkontrolliert zu essen und damit schwierige Situationen zu „meistern“ ging zurück. Auch weil ich durch meinen neuen offenen Umgang mit meinen Problemen und durch die Tatsache, dass ich Menschen einweihte die mir wichtig sind und bei denen ich das gleiche Gefühl zurückbekam, merkte, dass es mir hilft durch Gespräche neue Perspektiven aufgezeigt zu bekommen. Ich verstand, dass ich andere Möglichkeiten habe, mit schwierigen Situationen umzugehen, statt sie buchstäblich in mich hineinzufressen.
Meine neue Denkweise und das langsame Verstehen meiner Bedürfnisse half auch dabei das nächste Thema anzugehen das auf unserer Agenda stand; meine sozialen Ängste, insbesondere die Angst, Fehler zu machen und andere Menschen dadurch zu vergraulen oder zu enttäuschen.
Die Arbeit mit dem Buch half mir dabei sehr, auch zwischen den Therapiesitzungen neues über meine sozialen Ängste zu lernen und sie besser zu verstehen. Besonders hängen geblieben ist bei mir die Erkenntnis, dass die Angst vor einer Sache meist größer als die Sache selbst. Mich daran zu erinnern, hilft mir meistens vor einer Situation, die ich als unangenehm einstufe, etwas Ruhe und Klarheit wiederzugewinnen und mich nicht in die Angst reinzusteigern.
Knapp 1 ½ Jahre ist diese Entscheidung, eine Therapie zu machen und mich dem zu stellen wovor ich Angst habe nun her. Auch wenn ich nicht immer verstehe, wo gewisse Ängste herkommen oder es nicht immer hilft zu wissen, welchen Ursprung eine Agnst hat, habe ich in dieser Zeit gelernt, besser damit umzugehen. Ich kann offener mit meiner Unsicherheit umgehen und auch kommunizieren, wenn ich mit etwas unsicher bin, statt dieses Gefühl herunterzuspielen und zu versuchen, es zu ignorieren.
Ich weiß nicht, ob ich diese Unsicherheit je komplett ablege und ob das überhaupt mein Ziel sein muss. Was ich aber mittlerweile weiß, ist, dass es auch ok ist, sich mit Dingen unsicher zu sein, nachzufragen und auch mal nein zu sagen, ohne sich dann schlecht fühlen zu müssen. Ich bin nicht perfekt und niemand erwartet es von mir. Alles immer richtig zu machen sollte nicht zu meinen Ansprüchen gehören und ich sollte auch nicht glauben, dass andere diesen Anspruch an mich haben. Dinge, die mir auffallen, die ich in meinen Augen schlecht gemacht habe, fallen anderen meistens gar nicht auf oder sie messen ihnen weniger Bedeutung zu als ich. Ich werde gemocht so wie ich bin und bin gut so wie ich bin. Dennoch kann ich Dinge in meinem Verhalten ändern wollen und an mir arbeiten, ohne zu kritisch mit mir zu sein. Ich denke viel darüber nach, wie tief einige Dinge doch noch bei mir sitzen und bin froh, dass sie mir mittlerweile viel mehr auffallen und ich mittlerweile einen guten Umgang damit habe.
Liese: Wie arbeitet die Therapie?
Du kommst mit einem bestimmten Problem oder Symptom zu einer Therapeutin. Oft hast Du davor schon lange danach gesucht und viele Absagen aushalten müssen. Dann hast Du eines oder mehrere Erstgespräche bei zum Teil mehreren Therapeuten. Du kannst bis zu drei Sprechsstundentermine bei einer Therapeutin wahrnehmen. Wenn es dann endlich, vielleicht nach einer Wartezeit losgehen kann, fülllst Du vielleicht Fragebögen oder Tests aus. Oft bekommst Du im Rahmen der Sprechstunden schon ein paar Tipps oder Ideen dazu, was mit Dir los ist und was Du vielleicht selbst schon einmal tun kannst, um Dir zu helfen. In der Verhaltenstherapie bekommst Du auch Aufgaben oder Selbstbeobachtungsbögen mit. Denn in der Tat, Psychotherapie ist ganz schön viel Arbeit an sich selbst. Ich kann Dir aber nur bestätigen, dass es sich lohnt, an sich selbst zu arbeiten. Du lebst hinterher leichter, freier, müheloser und hast mehr Freude am Leben. Meine Therapeutin hat mir erklärt, dass Psychotherapie ein langfristiger Prozess ist. Seelische Probleme und Psychotherapie sind nicht vergleichbar mit Kopfschmerzen, die durch ein Medikament schnell verfliegen.
Seelische Probleme haben meist viele verschiedene Ursachen und eine lange Geschichte, die bis zurück in die Kindheit reicht. Diese Ursachen, die zu Deinen Problemen geführt haben oder heute noch Deine Symptome aufrechterhalten, werden im Rahmen der Therapie herausgefunden und bearbeitet. Meistens wird zu Beginn der Therapie Deine Lebensgeschichte besprochen, wie Du aufgewachsen bist und wie Deine Familie war. Aber auch, was bestimmte Bedingungen bei Dir und Deiner Person hinterlassen haben und auf welche Weise sie zu Schwierigkeiten geführt haben und was diese aufrechterhalten. Die Probleme werden wirksam angegangen (durch Achtsamkeits und Meditationsübungen, Entspannungsverfahren, Aufschreiben, alten Fotos, therapeutische Briefe, Rollenspiele, Imaginationsübungen, Besinnungsübungen, Materialien, Erarbeiten von neuen Lösungen, Blick auf die hilfreichen Seiten von Dir, Deine Ressourcen usw.). Es kann aber auch sein, dass Du Deinen Lebenspartner einmal mitbringst oder dass Du zusammen mit Deiner Therapeutin Übungen in der Stadt machst. Wichtig ist zu wissen, dass die Therapie nicht nur in den Stunden mit der Therapeutin läuft, sondern auch dazwischen: durch die Dinge, die Du selbst beobachtest, aufschreibest, ausprobierst, riskierst usw.
Das Ziel der Therapie besteht darin, dass Du mit Hilfe Deiner Therapeutin gemeinsam Lösungen sucht, damit Du Dein Leben in Zukunft zufriedener, unbelasteter so fortsetzen kannst, dass das Problem entweder ganz verschwindet oder Du lernst, besser damit umzugehen.
Es kann auch sein, dass Du Dich auch mit Deinen Grundannahmen und Glaubenssätzen, die Dir das Leben schwer machen beschäftigtst (z.B. immer aller 100%ig machen zu müssen, oder keine Fehler machen zu dürfen) und mit Deinen Gefühlen und Bedürfnissen, die manchmal nicht mehr direkt zugänglich sind. Eine wichtige Rolle spielen auch Übungen und Verhaltensexperimente: Sie werden in der Therapie vor besprochen, dann ausprobiert und dann wieder mit der Therapeutin nach besprochen. Dadurch habe ich z.B. gelernt, Ängste und Unsicherheiten (z.B. beim „Nein Sagen“) abzubauen. Gegen Ende der von der Krankenkasse bewilligten Stunden wird die Therapie dann „ausgeschlichen“, das heißt, dass die Treffen in größer werdenden Abständen stattfinden und Du lernen kannst auszuprobieren, wie Du auch ohne therapeutische Unterstützung zurechtkommst. Meist erarbeitest Du dann auch mit Deiner Therapeutin Möglichkeiten, einem „Rückfall“ vorzubeugen.
Das war nur ein grober Überblick und der Versuch, Dir aus Patientensicht zu beschreiben, was in der verhaltenstherapeutischen Psychotherapie passiert. Ich hoffe, ich konnte Dir ein wenig Mut machen!
Deine Liese
Amanda: Meine Angst und Ahnungslosigkeit
Am Anfang meiner Therapie saß ich in der Stunde und wusste eigentlich gar nicht, was meine Therapeutin von mir wollte, beziehungsweise
worum es überhaupt ging.
Ich fragte immer wieder, ich verstehe sie nicht. Was wollen Sie eigentlich von mir?
Über viele Jahre hatte ich mich hinter meiner Arbeit versteckt.
Ich wollte einfach nicht mehr emotional verletzt werden und meine Gefühle unterdrücken . Eine gut verlaufende Autoimmunerkrankung versteckte ich vor allem so gut es ging. Nach dem Motto sie gibt
es gar nicht in meinem Leben.
Bei meiner Arbeit habe ich mich stark gefühlt und brauchte auch keine Emotionen und Gefühle spüren oder zu lassen…
Mir war es nicht bewusst, dass ich dieses Verhalten automatisch von meinem Vater übernommen habe, der immer mein Vorbild war.
Da ich eine sehr, unselbstständige, schwache Mutter mit vielen Problemen und Depressionen an meiner Seite hatte, blieb mir auch nichts anderes als mich nach meinem Vater, der mir damals sehr
stark und unverwüstlich vorkam, zu orientiert.
Die ebenfalls nicht so ganz harmonische Beziehung meiner Eltern haben mir unbewusst ein Musterbeispiel vermittelt, was ich nie in diese Art für mein Leben gewünscht hatte. Ich bleibe lieber
alleine war damals mein Motto.
Unbewusst habe ich mich viele Jahre gegen jegliche Art von intime Beziehung entschieden. Dadurch wurde ich immer einsamer härter unglücklicher und schließlich kamen noch die Depression
dazu.
Nachdem ich mit der Therapie angefangen habe und mich gegen meine unüberwindbaren Ängste gestellt habe und mich langsam mit meinen ständigen Schwindelanfällen angefreundet habe, gab es ein
Lichtblick in dem dunklen Tunnel. In der Therapie lernte ich meine Gefühlen näherzukommen, von Zeit zu Zeit, sie anzuschauen. Ja, irgendwann hab ich mich getraut, sie auch zuzulassen und sie zu
spüren.
Manche Gefühle wie Angst oder Wut waren schwer zu ertragen, doch ich lernte mit der Zeit, sie willkommen zu heißen und ihnen Raum zu geben. Und mit Erstaunen musste ich feststellen, dass sie,
wenn sie gefühlt und gehört worden sind sie von alleine auch wieder gegangen sind .
Das Wort ambivalent hatte ab diesem Zeitpunkt eine neue Bedeutung in meinem Wortschatz gefunden.
Ebenfalls lernte ich, die Dramatik in meinem Verhalten wahrzunehmen, die ich mir schon seit meiner Kindheit manifestiert habe.
Das automatisch negative Denken, was ich viele Jahre manifestiert hatte, habe ich mit der Zeit mehr beobachten können, und irgendwann war ich in der Lage, diese Gedanken in positive und
hoffnungsvoll liebevolle Variante umzuwandeln.
Erst durch diese ganzen Veränderungen und durch die Liebe, die ich zu mir selbst entwickelt habe und die Bedürfnisse, auf die ich jetzt nun geachtet habe, hat sich ein Gefühl der Unabhängigkeit
und selbst mitwirkend bei mir eingesetzt.
Eines Tages ertappe ich mich dabei, wie ich die Angst, die ich so viele Jahre mit mir getragen hatte und mittlerweile ein Teil meines Lebens geworden war, suchte.
Sie war einfach irgendwohin verschwunden! Was für ein befreiendes Gefühl und gleichzeitig sehr ungewohnt.
Doch ich verliere mittlerweile gerne meine Angst in irgendwo…
Und wenn sie mich ab und zu doch wieder findet, nehme ich sie einfach in die Hand und spreche sanft zu ihr: komm meine Süße, ich nehme dich mit. Wir schauen mal zusammen, ich bin bei dir, hab
keine Angst… Sie will ja doch nur mitgehört werden…
Mit der Zeit hab ich gelernt mehr Vertrauen in mich zu setzen einfach mal neue Sachen auszuprobieren, neue Wege zu gehen, aus dem alten Muster rauszukommen und irgendwann habe ich mich
beschlossen, einen guten Tausch zu machen…
Ich habe meine Angst gegen mein Vertrauen im Leben getauscht.
Nach einiger Zeit wollte die neu lieb gewonnene Liebe zu mir selbst geteilt und vermehrt werden.
Durch meine Bewusstseinsentwicklung ist später der Wunsch nach einer gesunden neuen Partnerschaft entstanden. Eine Partnerschaft auf Augenhöhe, wo ich mich authentisch fühle und meine weiche
zarte Seite nun endlich erleben kann .
Ab jetzt hat das Wort emotionale Nähe für mich eine ganz neue Bedeutung.
Indem ich mir selbst Vertrauen schenke bekomme ich auch das Vertrauen eines geliebten Menschen.
Meine aktuelle Lieblingsworte nach der Therapie lauten : loslassen, Akzeptanz, Gefühle weich werden lassen und bleibe vernarrt in Liebe…
Mein Dank geht an meine hervorragende Therapeutin Frau Fischer-Klepsch, die mich mit sehr viel Geduld und Professionalität in diesen schwierigen Phasen meines Lebens begleitet hat.
Für diese Chance bin ich dankbar und sehr glücklich.
Sophie: Weswegen begann ich die Therapie?
Im Juni 2019 wurde bei mir eine mittelstarke Depression festgestellt. Begleitet wurde die Krankheit von Antriebslosigkeit, Trauer, Rückzug von Freunden und Familie, Vermeidung von sozialen Events und starken Stimmungsschwankungen.
Der Grund für die Depression war eine extreme Überforderung (Uni, Nebenjob, Freunde, Auszug von meinen Eltern), mein neuer Lebensabschnitt und fehlende Fürsorge in jungen Jahren, weswegen ich verlernt hatte, auf mich acht zu geben (aber das wusste ich anfangs noch nicht).
Am Anfang der Therapie konnte ich meine Gefühle nicht einordnen, wusste nicht, was mir gut tut und musste erstmal lernen, Dinge für mich zu tun.
Besonders hat mir am Anfang eine Listen mit "Aktivitäten für mich" geholfen. Jeden Trag habe ich mich für etwas Neues entschieden und mittlerweile muss ich mich gar nicht mehr daran erinnern.
Außerdem habe ich mir selbst, mittels einer App, beigebracht fürsorglich mit mir selbst zu sein. So habe ich gelernt, zu spüren, wenn ich Durst habe oder wenn die Position auf dem Stuhl unbequem ist.
Während der Therapie entdeckten Frau Fischer-Klepsch und ich noch ganz andere Probleme. Durch den Rückzug während der Depression entwickelte ich soziale Ängste. Diese hielten von all meinen Problemen am längsten an. Da ich mir die "sonnige Sarah" angewöhnt habe, die Sarah, die immer strahlen muss, immer alle Menschen zufrieden stellen möchte, blieb ich bei Parties meistens zu hause, sobald ich nicht die perfekte Laune hatte. Mittlerweile weiß ich, das ich nicht immer strahlen muss, sondern auch mal unsicher sein kann oder nicht in jedem Gespräch teilzunehmen.
Wichtig am Anfang der Therapie war der Wochenplan. Dort schrieb ich jeden Tag auf, wie mein Tag verlief. Wichtig hierbei waren die Kategorien: Stärke der Depression, Bewegung, Gefühle und Positives.
Dieser Plan hat mich dazu gezwungen, mir jeden Abend Gedanken über den Tag zu machen und mich angespornt, einige Dinge am nächsten Tag anders zu machen (nach dem Motto: mach jeden Tag etwas, auf das Du am nächsten Tag stolz sein kannst).
Für die Zukunft nehme ich mir den Schritt vor, jeden Abend kurz darüber nachzudenken, was ich hätte besser machen können und was gut verlief, beizubehalten. So kann ich mich einfacher motivieren, morgen zum Sport zu gehen oder mal entspannter mit meinen Mitmenschen umzugehen.
Außerdem ist es für mich wichtig, mir meine Erfolge immer wieder aufzuzählen.
Sport
Jeden Morgen, wenn ich auf dem Fahrrad fahre, bin ich unglaublich stolz, wenn ich bedenke, dass ich vor ein paar Monaten noch so tierische Angst davor hatte Fahrrad zu fahren.
Außerdem möchte ich mir es zur Regel machen, jede Woche zwei mal ins Fitness Studio zu gehen. Für eine Zeit hat das sehr gut funktioniert. Jetzt mit der regelmäßigen Arbeit ist das nicht mehr so leicht.
Soziale Ängste
Vor ein paar Monaten habe ich so doll geweint, weil ich Angst hatte, auf eine Party zu gehen. Ich habe mich immer mehr in diese Angst reingesteigert, und mir alle Horrorszenarien ausgemalt.
Mittlerweile, auch wenn ich manchmal noch kurze Bedenken habe, Rappel ich mich auf und gehe mit einem guten Gefühl auf die Party. Dieser Schritt ermöglicht es mir vielleicht irgendwann ohne zu zögern auf Events zu gehen auch wenn ich dort kaum jemanden kenne.
Alltag
Der Schritt zwischen meinem Gastronomiejob und meinem jetzigen Ausbildungsberuf ist eine große Veränderung, mit der ich noch nicht ganz zufrieden bin. Ich bin nach der Arbeit teilweise so müde, dass ich außer koch und ins Bett gehen nichts zustande kriege. Ich bin unfassbar froh, endlich eine Ausbildung gefunden zu haben und gehe in dem Beruf total auf, aber meine after work Routine ist noch nicht zufriedenstellend.
Worauf sollte ich weiterhin achten?
Wichtig ist, dass ich merke, wenn ich mich überfordere. Das gleiche ich dann mit etwas Zeit für mich aus. Dann gehe ich entspannt mit einer Freundin einen Kaffee trinken oder leg mich in die Badewanne.
Ich bin sehr stolz auf den Weg, den ich gegangen bin, auf die Veränderungen in meinem Leben, darauf, dass ich wieder herzlich lachen kann, so wie vor 2 Jahren.